Wo Worte fehlen, können Farben und Formen helfen

  21.02.2023 Aktuell, Foto, Utzenstorf, Gesellschaft, Region

Manchmal ist es schwierig, nach dem Verlust eines Menschen all die Gefühle, Fragen und Gedanken, die aufkommen, wirklich in Worte zu fassen. Manchmal ist es bereits schwierig, diese überhaupt zuzulassen. Und wer wie trauert, lässt sich nicht voraussagen, weil Trauerwege ganz unterschiedliche Formen annehmen können. Die Malerin und Kursleiterin Patricia Nyfeler, die seit mittlerweile fast sieben Jahren an der Bahnhofstrasse 5 in Utzenstorf ein Malatelier führt, hat sich mit den verschiedenen Facetten des Trauerns näher auseinandergesetzt: «Von den heute aktuellen Trauermodellen hat mich das ganzheitliche ‹Kaleidoskop des Trauerns› von Chris Paul sehr überzeugt, weil es die Möglichkeit bietet, in lebensnahen, leicht verständlichen Bildern eine gemeinsame Sprache über die Trauer zu finden.»

Zugang über Farben und Formen
Chris Paul geht davon aus, dass Trauerwege sehr individuell sind. Doch setzen sich Trauernde immer mit intensiven Gefühlen auseinander wie etwa Schmerz, Sehnsucht und Ohnmacht, aber auch Dankbarkeit und Liebe. Trauernde müssen ihren veränderten Alltag neu gestalten, suchen Antworten auf das «Warum» eines Todes und beschäftigen sich mit dem Sinn des eigenen Weiterlebens. Und genau hier setzt Patricia Nyfeler an: «Während es manchmal sehr schwierig ist, Fragen, Gefühle und Bilder, die einem hochkommen, in Worte zu fassen, kann es leichter sein, den Zugang über Farben und Formen zu finden.» Aus langjähriger Erfahrung mit Kursteilnehmenden weiss Patricia Nyfeler, wie wohltuend sich Malen auswirken kann. Und deswegen ist sie überzeugt, dass Malen auch trauernde Menschen auf ihrem Trauerweg unterstützen kann.
Malen als Technik der Trauerarbeit
An den sechs Kursabenden, die pro Trauerkurs vorgesehen sind, werden die sechs Trauerfacetten nach Chris Paul – Überleben, Wirklichkeit, Gefühle, sich anpassen, verbunden bleiben, Einordnen – eingehend betrachtet. «An jedem Abend gibt es zu Beginn einen thematischen Input zu einer der Trauerfacetten, die je einer Farbe zugeordnet ist.» Ob sich die Trauernden beim anschliessenden Malen mit genau dieser Facette oder Farbe intensiv beschäftigen, sei jedoch offen: «Mir ist wichtig, dass die Kursteilnehmenden sich dem widmen, was sie gerade beschäftigt – und meine Aufgabe sehe ich darin, sie in dem zu unterstützen, was sie gerade benötigen.» Dabei stehe auch nicht im Vordergrund, ein Meisterwerk zu malen: «Die Trauernden sollen ein Werkzeug in die Hand bekommen, mit dem sie ausdrücken können, was vielleicht in Worten (noch) nicht möglich ist.» Ihre Arbeit sei in diesem Sinne auch nicht therapeutisch: «Ich biete einen geschützten
Rahmen, indem ich eine Technik vermittle, die auf dem Trauerweg benutzt werden kann, und Raum für Gespräche unter Gleichgesinnten biete.» Aus diesem Grund gebe es neben einer Pause, in der Erfahrungen ausgetauscht werden können, auch immer eine Abschlussrunde: «Reden muss jedoch niemand, der nicht möchte.»

Andrea Flückiger


Weitere Informationen unter www.atelier-nyfeler.ch.

 


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