Im August 2012, vor rund zehn Jahren, wurde das Gotthelf Zentrum in Lützelflüh eröffnet. Diesen runden Geburtstag feierte man vergangenen Freitag mit einem würdigen Anlass vor zahlreichen geladenen Gästen.
Christoph Pappa, Präsident der Jeremias-Gotthelf-Stiftung, skizzierte in einem humorvollen Referat die Anfänge des «Gotthelf-Projekts», bestehend aus einer neuen Edition, der historisch-kritischen Gesamtausgabe der Werke Gotthelfs, und der Errichtung eines neuen Museums im Pfarrhaus Lützelflüh. Er verheimlichte dabei nicht, dass es viele Widerstände zu überwinden galt, gerade auch in der Standortgemeinde: Ganz unumstritten war die Idee eines neuen Museums für den bedeutenden Schriftsteller nämlich nicht – unter anderem angesichts der negativen Erfahrungen mit dem Museum für Volkskultur im Kornhaus Burgdorf.
Heinrich Schütz, ehemaliger Projektleiter, und Reto Gsell, verantwortlicher Architekt, skizzierten in einem launigen «Podiumsgespräch» den Weg von der Idee bis zur Realisierung des Zentrums 2012.
Eine vielfältige Tonbildschau liess die Geschichte der vergangenen zehn Jahre Revue passieren: Die vielen Führungen, berühmte Gäste, Medienauftritte des Leitungsteams, Anlässe und Sonderausstellungen, herausgegebene Publikationen – und gelegentlich auch Überschwemmungen. Deutlich spürbar war das Engagement des Leitungsteams, welches mit sprichwörtlichem «Herzblut» und persönlichem Einsatz das Zentrum aufbaute, am Laufen hielt und zu einem Leuchtturm der Berner Kulturlandschaft weiterentwickelte, der weit über das Emmental hinausstrahlt.

Rücktritt von drei Mitgliedern der «Gründergeneration»
Neben Heinrich Schütz gehörten auch Verena Hofer und Werner Eichenberger zu den Mitwirkenden der ersten Stunde. Bereits in der Projektphase waren sie mit dabei und leiteten das Zentrum anschliessend zehn Jahre lang als Team. Kurt Baumann, Vorstands­präsident des Trägervereins, würdigte und verdankte in seiner Laudatio die Verdienste des zurücktretenden Leitungsteams. Der Abschied ist nicht ganz definitiv: Für Führungen ist sein Wissen nach wie vor gefragt; Heinrich Schütz und Werner Eichenberger kuratieren zudem noch eine nächs­te Sonderausstellung. Kurt Baumann stellte anschliessend die neu gewählte Museumsleiterin Katrin Marti vor, die seit Anfang Juni 2022 im Amt ist. Einige geistreiche Gedanken Gotthelfs zum Thema «Abschied» schlossen den zweiten Teil des Events ab.

Vernissage der neuen Gotthelf-Biografie «Der Schreiber von Lützelflüh»
Im dritten Teil ging es um eine neue fiktive Gotthelf-Biografie. Der Autor Werner Eichenberger und Heinrich Schütz präsentierten den Gästen Ausschnitte aus dem Buch. Werner Eichenberger hat sich als Ghostwriter in den grossen Schriftsteller hineingedacht und beschreibt Gotthelfs Leben, als würde dieser selbst zu den Lesenden sprechen. Dank diesem ungewohnten Ansatz wird die fiktive Biografie zum überraschenden, spannenden Lesegenuss.
Den Schluss des vielseitigen Abends bildete ein Apéro im «Höfli» zwischen Museum, Spycher und Pfrundscheune bei wunderbarem Sommerwetter. Diskussionen, Networking und Gedankenaustausch standen im Mittelpunkt. Zahlreiche Exemplare der Biografie wurden verkauft. Diese ist erhältlich in der Buchhandlung am Kronenplatz in Burgdorf und im Gotthelf Zentrum Lützelflüh, wird aber auch gegen Bestellung per Telefon, E-Mail und Online-Bestellformular zum Preis von 22 Franken (zuzüglich Versandspesen von 7 Franken) versandt.

Tag der offenen Tür: Fest für die Dorfbevölkerung
Am vergangenen Samstag fand eine Jubiläumsfeier für die Dorfbevölkerung von Lützelflüh statt, mit Festbetrieb und freiem Eintritt ins Museum. Der Landfrauenverein bot feine «Öpfuchüechli» an, das «Gotthelf-Chörli» gab traditionelles Liedgut zum Besten. Glace vom Bauernhof und Hotdogs standen hoch im Kurs. Werner Eichenberger verkaufte und signierte den «Schreiber von Lützelflüh».

zvg