Humoristisch untermalte Stadtratssitzung

  21.12.2021 Aktuell, Foto, Burgdorf, Politik

Stadtratspräsidentin Karin Fankhauser begrüsste 36 Stadträte/-innen, insbesondere Julia Blaser (EVP), die als Nachfolgerin von Tabea Bossard-Jenni ihren Einsitz feierte. Fankhausers letzte Sitzung wurde mehrere Male durch den Schauspieler «Mägic Hene» unterbrochen. Er beschenkte den Stadtrat (SR) mit einem «Zvieri» und sorgte im weiteren Verlauf der Sitzung für humorvolle Unterbrechungen. Diese kabarettistischen Einlagen waren ein Abschiedsgeschenk von Karin Fankhauser.

Es harzt mit dem neuen Busbahnhof
Stadtpräsident Stefan Berger informierte über den Burgdorfer Busbahnhof, der aufwendige Planungsarbeiten erforderte. Es sei enttäuschend, dass das erste Projekt wegen Einsprachen sistiert werden musste. Stein des Anstosses sei die Höhe der Anlegekanten, die nicht rollstuhlgängig seien. Darauf erfolgte eine Projekt­überarbeitung mit Inputs von Busland und dem Projektteam. Fahrversuche mit verschiedenen Busgrössen gaben Klarheit. Der Gemeinderat (GR) fasste darauf den Entschluss, ein neues Baugesuch auszuarbeiten. Gibt es keine Einsprachen, kann der neue Busbahnhof 2026, bei Einsprachen spätestens 2030 in Betrieb genommen werden.

Corona-Situation in der Volksschule
GR Christoph Grimm erklärte, dass in der Schule immer wieder Corona-Fälle auftreten. Einzelne Klassen seien im Fernunterricht oder in Quarantäne. Die Situation bedeute eine grosse Herausforderung für alle Beteiligten. Die Stadt Burgdorf handle nach kantonalen Vorgaben und schliesse die Volksschulen bereits ab 18. Dezember 2021 für die Weihnachtsferien.
Die normalerweise im Januar stattfindende Sportlerehrung werde durch ein neues Konzept ersetzt, erklärte Grimm weiter. Die Bevölkerung darf sich auf eine Sportnacht freuen, die vor den Frühlingsferien ihre Premiere feiert.

Auflösung der Innenstadt Parkhaus AG
Die Burgdorfer Innenstadt Parkhaus AG (PAG) führt seit der Eröffnung im Juni 1990 das Parkhaus in der Oberstadt. Alleinaktionärin ist die Stadt Burgdorf. Durch die schlechte Auslastung musste sie regelmässig mit Beitragsfinanzierungen einspringen. Abklärungen des Verwaltungsrates der PAG haben ergeben, dass sich eine Überführung zur Stadt sowohl aus finanzieller wie aus organisatorischer Sicht lohnen würde: Durch die Überführung entsteht eine schlankere Organisation und die Entscheidungswege werden einfacher. Zudem entfällt eine eigenständige Buchhaltung nach Aktienrecht. Neu wird das Parkhaus als Teil des Parkplatzfonds geführt, womit die Konkurrenzierung zwischen dem Parkhaus und den Parkplätzen auf öffentlichem Grund wegfällt. Ob damit eine bessere Auslastung erzielt werden kann, wird sich zeigen. Nachteil ist das Entfallen des Buchgewinns von jährlich 100 000 Franken für Darlehensamortisation zugunsten des Allgemeinen Haushalts. Es erfolgt jedoch eine Kompensation mit dem einmaligen Buchgewinn bei der Überführung in die Stadt von 3,4 Millionen Franken. Der SR stimmte dem Antrag einstimmig zu. Nach Ablauf der Referendumsfrist wird der GR die Liquidation ordnungsgemäss durchführen, wenn möglich bis Mitte 2022.

Höherer Projektierungskredit für das Schulhaus Schlossmatt
Die Gebäudesanierungsstrategie der Stadt Burgdorf beinhaltet unter anderem die Teilstrategie Schulraumplanung. Daraus entstand ein harmonisierter Ablaufplan für die Sanierungs- und Erweiterungsschritte aller Schulgebäude. Die Erstellung des modularen Schulbaus im Schlossmatt stellt dabei die erste von sechs Etappen dar. Das Gebäude ist als Holzmodulbau konzipiert, welcher mit den nutzungsneutralen Raumeinheiten eine ausbaubare, aufwärtskompatible Grundstruktur bildet. Diese wird auch bei Umbauten in anderen Schulhäusern für die weitere Planung übernommen. Dieser Holzmodulbau setze ein Zeichen für nachhaltiges Bauen. Er sei hochwertig und könne über mehrere Generationen genutzt werden, wie GR Theophil Bucher erklärte. Die Multi­funktionalität, die Ausbaubarkeit und die Nutzung von einheimischem Holz, vorwiegend aus dem Emmental, sprechen für das Projekt.
In der ersten Etappe sollen Flächen für einen Kindergarten, die Tagesschule sowie neun Klassenzimmer zur Verfügung gestellt werden. Diese Infrastruktur dient während der weiteren Sanierungsetappen als Ausweichfläche.
Während der Planungsphase musste das vorgesehene Raumprogramm zweimal erweitert werden. Einen Grund bot die Heilpädagogische Schule Burgdorf (HPS), die nach dem Willen des Kantons in die Volksschullandschaft integriert werden soll. Gespräche haben gezeigt, dass auf dem Schulareal Schlossmatt Raum für zwei HPS-Klassen und die nötigen Nebenräume geschaffen werden kann. Eine zweite Erweiterung drängte sich auf, weil während der Sanierungsphase der Klassenzimmer keine Ersatzräume zur Verfügung stehen und die Entwicklung der Schülerzahlen tendenziell steigt. Aus diesem Grund müssen zusätzliche Räume auf den Dächern von Kindergarten und Tagesschulprovisorium/HPS gebaut werden. Die Kosten für die Räume der HPS werden deren Trägerschaft in Rechnung gestellt.
Ueli von Känel (GLP) wünscht sich mehr Transparenz über die anfallenden Kosten. Insgesamt seien für die Anpassung der städtischen Schulanlagen 110 Millionen Franken veranschlagt, doch klare Projektierungen fehlen. GR Bucher erklärte, dass in insgesamt 13 Schritten geplant und diese situativ stets angepasst würden. Der GR informiere, sobald genauere Zahlen bekannt seien. Aufgrund der veränderten Ausgangslage steigt der Flächenbedarf für die genannten Nutzungen von 648 auf 2370 Quad­ratmeter. Der Projektierungskredit von 290 000 Franken (bewilligt am 14. September 2020) steigt somit auf 550 000 Franken. Der Nachkredit wurde bewilligt.

Viele private Abwasserleitungen sind in einem schlechten Zustand
Für eine gewässerschutztechnisch einwandfreie Abwasserentsorgung des Gemeindegebiets Burgdorf bedarf es einer umfassenden Planung des gesamten Abwassernetzes und der dazugehörenden technischen Einrichtungen und Anlagen. Die bestehende Generelle Entwässerungsplanung (GEP) ist bereits 15-jährig. Sie muss umfassend überarbeitet und an die kantonalen und nationalen Vorgaben angepasst werden.
Das Abwassernetz der Stadt Burgdorf besteht aus rund 65 Kilometer öffentlichen und rund 60 Kilometer privaten Leitungen. Bei einem Pilotprojekt konnte festgestellt werden, dass die öffentlichen Leitungen in gutem Zustand sind. Burgdorfer Haushaltungen profitieren darum von einer Senkung der Abwassergebühren ab 1. Januar 2022 um 25 Prozent, wie GR Francesco Rappa mitteilte.
Ungefähr 70 Prozent der privaten Leitungen seien in schlechtem baulichem Zustand. So kann Schmutzwasser in den Untergrund versickern. Deshalb legt man bei der GEP-Überarbeitung ein besonderes Augenmerk auf die privaten Liegenschaften. Die Untersuchungen übernimmt die Stadt Burgdorf. Der Kanton zahle Subventionen, je nach Sanierungsbereitschaft der Grundeigentümer.
Mit dem neuen GEP verfügt die Stadt über ein aktualisiertes Instrument im Zusammenhang mit der Klimaentwicklung und den veränderten Niederschlagsintensitäten. Diese ermöglichen Berechnungen der Kapazität des Abwassernetzes und der Oberflächenabflüsse. Das Projekt «Überarbeitung Gesamt-GEP» mit Gesamtausgaben von 1,63 Millionen Franken wurde genehmigt.

Gemeinderat gegen autofreien Sonntag auf Stadtgebiet
EVP, SP und Grüne Fraktion gelangten mit dem Auftrag an den GR, jährlich einen autofreien Sonntag auf Stadtgebiet zu überdenken. Diese Idee passe zu einer Fussgänger- und Velomodellstadt und fördere das Bewusstsein für eine emissionsfreie Mobilität. Die Vorstellung, auf den verkehrsfreien Strassen zu flanieren, zu spielen oder zu grillieren wirke doch verlockend und fördere das soziale Miteinander. «Das ist nicht die Aufgabe des GR», ereiferte sich Yves Greisler (die Mitte). Zudem gäbe es Leute, die am Sonntag zur Arbeit fahren müssten. Die Idee sei gesucht und unnötig, weil die Stadt Burgdorf über ein grosses Naherholungsgebiet verfüge. Barbara Lüthi-Kohler (SVP) könnte zu einem autofreien Sonntag Ja sagen, wenn die Durchführung nicht mit Steuergeldern bezahlt würde. Diese Meinung unterstützt auch Philipp Schärf (GLP). Die Sensibilisierung der Burgdorfer Bevölkerung hätte bereits stattgefunden. Quartiervereine könnten das organisieren, jedoch nicht mit städtischen Mitteln.
Der GR unterstützte die Ziele des Auftrags, wies aber darauf hin, dass die Formulierung «auf dem Stadtgebiet» geklärt werden müsse, weil auch Kantonsstrassen davon betroffen wären. Der GR könnte sich vorstellen, dass einzelne Quartiere oder Teile davon für den motorisierten Verkehr gesperrt würden. Gegen die Unterstützung des GR opponierte Jürg Kämpf (FDP). Er warf dem GR vor, nicht seriöse Sachpolitik zu betreiben. Arbeitsaufwand, Kosten und personelle Ressourcen stünden in keinem Verhältnis zum Nutzen. Da brachten auch die erklärenden Worte von Gabriela Bannwart (SP), horrende Kosten könne ein solcher Anlass nicht verursachen, kein Umdenken. Der Auftrag wurde trotz leicht abgeändertem Wortlaut mit 17 Ja- und 19 Neinstimmen abgelehnt. Ob die Quartiervereine nun aktiv werden, bleibt dahingestellt.  

Neue BLS-Werkstätten in Oberburg?
Die Eisenbahnunternehmung BLS sucht seit Längerem einen neuen Standort für ihre Werkstätte. Der bevorzugte Standort der BLS im Westen von Bern sei aus diversen Gründen umstritten. Darum beauftragte die SP-Fraktion den GR, die Verantwortlichen der BLS aufzufordern, die Möglichkeiten des Ausbaus der BLS-Werkstätte Oberburg zu prüfen.
Die Stadt tausche sich regelmässig mit Verantwortlichen der BLS aus, auch über das Thema Werkstätte Oberburg, erklärte der GR. Aktuell warten sie noch ab, bis die Zuständigkeiten innerhalb der BLS AG klar definiert seien. Trotz Ablehnung durch die FDP und die Mitte wurde der Antrag mit 29 Ja angenommen.

Auftrag zum Klimanotstand in der Gemeinde Burgdorf
Nach der Ausrufung des Klimanotstandes durch den SR hat die Baudirektion eine Klimastrategie erarbeitet, die sogenannte KlimaVision30. Mit 27 Teilzielen will die Stadt Burgdorf zur Klimaneutralität bis 2030 beitragen. Die KlimaVision30 spiegelt sich in der Legislaturplanung 2021–2024 wider. Zudem hat der GR im Mai 2020 die Weisung Klima Force erlassen. Deren Geltungsbereich umfasst alle Direktionen der Stadt. Damit sollen auf allen Stufen der Verwaltung und Politik dieselben Grundsatzfragen gelten: Wo können wir was, wie und womit eliminieren, reduzieren, verbessern, steigern? Einzig die SP-Fraktion wollte den Auftrag nicht abschreiben. Die geplanten Massnahmen seien zwar sinnvoll, doch er – Fabian Käsermann – erwarte mehr Transparenz. Die vier Anträge zum Thema Klimanotstand wurden genehmigt und der Auftrag abgeschrieben.

Wahlen des Stadtratsbüros 2022
Alljährlich wählt der SR in der Dezembersitzung eine Person fürs Stadtratspräsidium. Die Wahl fiel auf die amtierende Vizestadtratspräsidentin Esther Liechti-Lanz (EVP). Die Politikerin lebt seit 1989 in Burgdorf und wurde 2016 in den SR gewählt. Als Pflegefachfrau ist sie auf der Intensivstation des Spitals Emmental tätig. Sie engagiert sich im Quartierverein Schlossmatt, im offenen Haus der reformierten Kirche und in einem Sozialprojekt in Moldawien. Die gewählte ehrte die scheidende Präsidentin Karin Fankhauser, die den Stadtrat nach zehn Jahren verlässt. In ihrer Abschiedsrede erklärte Fankhauser, dass ihre Zwillingsschwester als Nachfolgerin in den SR eintrete. Diese Nachfolge sei schweizweit wohl einmalig, genau wie die Stadt Burgdorf. Fankhauser wurde mit Standing Ovations für ihre kompetente Führung, ihr ausgezeichnetes Zeitmanagement und ihre Vertretung der Stadt in der Öffentlichkeit geehrt.
Als ersten Vizepräsidenten wählte der SR Yves Greisler (die Mitte) und zur zweiten Vizepräsidentin Anette Vogt (SP). Franca Maurer (Grüne) wurde als Stimmenzählerin bestätigt und Urs Wüthrich für die EDU/SVP-Fraktion neu gewählt.
Fritz Gfeller (SVP) demissionierte als SR. In seine Fussstapfen tritt der SVP-Mann Jonas von Allmen.
Die erste Stadtratssitzung unter der Leitung von Esther Liechti-Lanz findet am 31. Januar 2022 statt.

Helen Käser


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