«In den letzten zwei Jahren hat sich viel verändert»

  31.08.2021 Aktuell, Foto, Wirtschaft, Burgdorf, Gesellschaft, Region, Politik

Der Kanton Bern führt ab diesem Jahr eine Reihe von Veranstaltungen, die sogenannten «Energie- und Klima-Talks», durch, die sich verschiedenen Themen im Bereich der umweltfreundlichen Technologien widmen, etwa Elektrofahrzeugen, Heizungsersatz oder klimagerechte Haussanierungen. Der vierte Energie- und Kilma-Talk findet am 7. September 2021 im Auditorium der BFH Burgdorf zum Thema «Photovoltaik – Solarstrom und Eigenverbrauch» statt. Die Sonnenenergie nimmt in der Schweiz einen immer grösseren Stellenwert ein, auch wenn dieser vergleichsweise immer noch relativ gering ist. 2020 lag der Anteil der Solarstromproduktion in Bezug auf den gesamten Schweizer Stromverbrauch gemäss Bundesamt für Energie (BFE) bei 4,7 Prozent, mit einer deutlich steigenden Tendenz – 2019 betrug der Wert noch 3,8 Prozent. Im Vergleich über mehrere Jahre zeigt sich das Wachstum noch deutlicher: 2020 wurde mit Sonnenenergie eine Elektrizitätsproduktion von fast 2600 Gigawattstunden (GWh) erzielt – 2016 lag die Produktion noch bei 1300 GWh. Als Vergleich: Die Schweizer Kernkraftwerke produzierten 2020 22 990 GWh.
Die Veranstaltungsreihe zu den umweltfreundlichen Technologien kann nicht nur (kostenfrei) vor Ort besucht werden, der Talk wird zusätzlich per Livestream übertragen und aufgezeichnet, wodurch auch vergangene Energie- und Klima-Talks jederzeit bequem zu Hause nachgeholt werden können. «D’REGION» hat im Vorfeld mit Ulrich Nyffenegger, Vorsteher Amt für Umwelt und Energie und Initiator der Energie- und Klima-Talks, gesprochen.

«D’REGION»: Mit welchem Ziel wurden die Energie- und Klima-Talks gestartet und wer ist das Zielpublikum?
Ulrich Nyffenegger: Wir wollen primär die Leute informieren und Lösungen aufzeigen. Da die Themen bei allen Energie- und Klima-Talks sehr unterschiedlich sind, ist auch unser Zielpublikum sehr breit aufgestellt. Wir verfolgen mit den Talks ein hybrides System, das heisst, dass Personen, welche nicht an die Informationsveranstaltungen anreisen können oder wollen, diese auch live von zu Hause aus oder zu einem späteren Zeitpunkt erleben können.

«D’REGION»: Wie waren die Rückmeldungen zu den ersten Veranstaltungen?
Ulrich Nyffenegger: Wir waren sehr positiv überrascht, dass bereits bei den ersten Veranstaltungen mehrere Hundert Anmeldungen eingegangen sind. Die Leute haben uns sehr positive Rückmeldungen gegeben und ausgedrückt, dass sie endlich Informationen erhalten hätten, die ihnen auch etwas bringen, und sie nun wüssten, wie man weiter vorgehen kann. Wir sind mit den Energie- und Klima-Talks bisher sehr zufrieden. Die Livestream-Möglichkeit wurde ebenfalls gelobt, so wollen wir mit dem hybriden Modell mit Veranstaltungen vor Ort und Livestreams unbedingt weiterfahren.

«D’REGION»: Was macht eine eigene Photovoltaikanlage attraktiv und für wen eignet sie sich besonders gut?
Ulrich Nyffenegger: Es können für jeden andere Kriterien sein. Für viele ist es ein gutes Gefühl, selbst Strom zu produzieren. Besonders in Kombination mit Elektromobilität weiss man, dass man mit dem eigenen Strom fährt. Mit einer Solaranlage kann man problemlos 20 bis 40 Prozent des Eigenbedarfs abdecken, mit einer Batterie sogar noch mehr.
Besonders interessant ist es, wenn man tagsüber einen sehr hohen Stromverbrauch verzeichnet, etwa bei Hotels oder Restaurants.

«D’REGION»: Gibt es noch falsche Vorstellungen oder Unsicherheiten betreffend der Solarenergie?
Ulrich Nyffenegger: Ich stosse oft auf falsche oder veraltete Informationen, die immer noch herumgeistern. Ein Beispiel ist, dass behauptet wird, die Herstellung von Photovoltaikanlagen benötige mehr Energie als sie einbringt. Heutzutage fördern Solaranlagen mindestens 20-mal so viel Energie wie in die Produktion gesteckt wurde. Ein weiterer Punkt ist, dass Solaranlagen früher viel teurer waren als heute. Mittlerweile ist dieser Strom eindeutig günstiger, als wenn man ihn «einkaufen» muss.

«D’REGION»: Wie kann man Unternehmen für Photovoltaikanlagen interessieren?
Ulrich Nyffenegger: Bei Unternehmen wird die Kombination mit der E-Mobilität besonders spannend. Wir unterstützen bereits jetzt Unternehmen, die Ladestationen für E-Fahrzeuge einrichten. Damit lässt sich für die Firmen sogar Geld verdienen. So kann man über die Ladestationen verschiedene Tarife, etwa Sondertarife für Angestellte, einstellen. Da es viele Anbieter für solche Installationen gibt, hält sich der Aufwand für die Firmen in Grenzen.

«D’REGION»: Was für Entwicklungsziele hat der Kanton Bern betreffend erneuerbarer Energien?
Ulrich Nyffenegger: Als wir 2006 die Energiestrategie des Kantons Bern verabschiedet haben, hat man bei einigen Punkten kritisiert, dass die Ziele keine Visionen, sondern Utopien seien. Nun sind wir in den vergangenen Jahren – und ich kann das ruhig so sagen, auch dank der Jugend auf der Strasse – deutlich vorwärtsgekommen und im Grossen und Ganzen auf Kurs.  Das Ziel liegt nach wie vor auf der CO2-Neutralität und bis 2035 soll 80 Prozent der Stromversorgung mit erneuerbaren Energieträgern abgedeckt werden.

«D’REGION»: Wie sieht die Zukunft des Energie- und Klima-Talks aus?
Ulrich Nyffenegger: Als Grundkonzept möchten wir gerne zehn bis zwölf solcher Veranstaltungen pro Jahr durchführen. Durch die Pandemie mussten wir die Zahl aber etwas zurückschrauben und diese ersten fünf Energie- und Klima-Talks sind nun unser Testlauf. In Zukunft möchten wir aber gerne jedes Jahr eine solche Veranstaltungsreihe anbieten. Für die Durchführung arbeiten wir mit dem Netzwerk energie-cluster.ch
zusammen und hoffen, dass es mit diesem Konzept auch in anderen Kantonen Anklang findet. Ich bin der Meinung, dass es solche Veranstaltungen  in der ganzen Schweiz geben sollte.

«D’REGION»: Was raten Sie interessierten Bürgerinnen und Bürgern?
Ulrich Nyffenegger: Man sollte die Veranstaltung besuchen, mit offenem Geist zuhören und sich beeindrucken lassen. Wir sind heute solarenergietechnisch sehr viel weiter als noch vor zwei oder drei Jahren. Wer sich also vor einigen Jahren zuletzt über Sonnenenergie informiert hat, sollte die Veranstaltung nicht verpassen!

 

Interview: David Kocher

 

Der vierte Energie- und Klima-Talk in Burgdorf
Unter dem Titel «Photovoltaik – Solar­strom und Eigenverbrauch» informieren und diskutieren SRF-Moderator Tobias Müller und fünf Koryphäen aus dem Ener­giebereich (Beat Schaffner, CEO und VR-Präsident Meteotest AG, Bern; Noah Heynen, Co-Gründer und CEO von Helion Bouygues E&S InTec Schweiz AG; Stefan Schori, Managing Co-Director und Group Leader Power Grids, BFH-Zentrum Energiespeicherung, Berner Fachhochschule BFH, Nidau; Marcel Stalder, Leiter Marketing und Verkauf und Mitglied der Geschäftsleitung Localnet AG, Burgdorf; Michael Baur, Geschäftsleitung Baur AG, Bedachungen-Spenglerei-Solarstrom, Säriswil) und Simeon Räber, Präsident der Solarbaugenossenschaft solar4winners, Burgdorf. Fragen aus dem Publikum (vor Ort und online) werden von den Experten nach Möglichkeit beantwortet.
Anmeldung und Programm auf der Web­site eveni.to/energieklimatalk-04. Die bisherigen Energie- und Klima-Talks können auf der Website der Wirtschafts-, Energie- und Umweltdirektion unter www.weu.be.ch eingesehen werden. zvg


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