«Eine heisse Kartoffel» oder: wie die Zukunft der Grabenstrasse Burgdorf aussehen könnte

  30.06.2021 Aktuell, Foto, Burgdorf, Gesellschaft, Politik

Die Grabenstrasse und ehemalige Promenade gibt seit Jahren Anlass zu Diskussionen, doch sie wird von einer Legislaturperiode in die nächste weitergereicht. Die Organisierenden des Abends, vorab Paul Hasler und Peter Hänsenberger, verglichen diese Situation mit dem Weiterreichen einer heissen Kartoffel. Sie erläuterten die Geschichte der Strasse und liessen Gemeinderat Francesco Rappa zu Wort kommen. Dieser erklärte, dass eine Holzpalisade als Absturzsicherung errichtet worden sei. Dies sei lediglich ein Provisorium. Die Stadt wolle in einem ersten Schritt die geschützte Stadtmauer sanieren und dann die Bäume der Gebrüder-Schnell-Terrasse ersetzen, weil diese krank seien. Er hoffe, dass Autolenker/innen während der Sanierungszeit merken, dass das nahe Parkhaus eine gute Alternative zu den Plätzen an der Grabenstrasse ist. Seine aktuelle Belegung im jährlichen Schnitt beträgt lediglich 17 Prozent.

Die Grabenstrasse und ihre lange Geschichte
Um 1200 wurde die Stadtmauer von den Zähringern errichtet und stellt bis heute das Fundament der Grabenstrasse dar. Die Gebrüder-Schnell-Terrasse, die damals Grabenterrasse hiess, entstand um 1792 als Befestigungsanlage oder Schanze. Alte Stiche zeigen, dass sogar eine Häuserzeile auf der heutigen Grabenstrasse gestanden haben könnte. Sicher ist man sich nicht, auch weil dies der einzige Bereich der Altstadt ist, der archäologisch noch nicht analysiert wurde. Nach einem Stadtbrand 1706 entschieden Verantwortliche, dass sich die Gefahr eines grossflächigen Feuers verringere, wenn die Gebäude durch eine Brandgasse getrennt würden. So entstand die Schulgasse, die von der Schmiedengasse in die Grabenstrasse führt. Diese hat sich beim Stadtbrand von 1865 bewährt. Trotzdem entstand beträchtlicher Schaden. Beim Wiederaufbau wollte die Stadt freie Hand haben und enteignete darum alle Grundeigentümer. Nach einem nationalen Wettbewerb wurde gebaut und die Liegenschaften wieder an die Eigentümer zurückgegeben. 1868 entstand an der Grabenstrasse eine Promenade mit vielen Bäumen, ein Ort, wo man sich traf, wo Kinder spielten und Städter flanierten. Die Mobilität schritt voran und 1964 entschied die Stadt, das zunehmende Parkplatzproblem mit dem Einrichten von Abstellplätzen an der Grabenstrasse zu lösen. 1990 war diese Strasse erneut Thema im Zusammenhang mit dem Konzept «Zukunft Altstadt Burgdorf». Später wurden verschiedene Projektskizzen erarbeitet, welche schlussendlich in einem Entwurf einer Überbauungsordnung mündeten. Diese wurde allerdings nie definitiv beschlossen.
Anwohner/innen und andere interessierte Bürger/innen trafen sich vergangenen Freitag an der Grabenstrasse. In Gruppen setzten sie sich zusammen an Tische und assen heisse Kartoffeln, bevor sie dem Thema auf den Grund gingen. Eine gemeinsame kreative Malrunde animierte sie.

Gestaltungsmöglichkeiten für die Grabenstrasse
Wie wäre es, wenn eine einstöckige Gebäudezeile entlang der Stadtmauer gebaut würde, dort wo früher die Türme waren, sogar dreistöckig? Die Passanten/-innen würden auf deren Flachdächern spazieren und die Aussicht geniessen. Aus der Grabenstrasse entstünde eine Wohngasse. Sofort regte sich Widerstand, weil die dabei entstehende Gasse beengend wirke. Doch der Gedanke wurde weitergesponnen. Bestünde die Möglichkeit, unter der Grabenstrasse, das heisst in der darunterliegenden Stadtmauer, Wohn- oder Arbeitsraum zu schaffen? Oder sollten während der Mauersanierung Container für Kulturinteraktionen aufgestellt werden, ein Kulturgraben? Um für Jugendliche und junge Erwachsene attraktiv zu bleiben, könnte die Stadt eine Begrünung der Strasse anstreben, Urban Gardening intensivieren. Wasser gehöre dazu, vielleicht ein Food Truck, Bänke zum Verweilen oder mobile Strukturen, damit die Flexibilität erhalten bleibe, und nicht zu vergessen: eine öffentliche Toilette.
Bei all den unterschiedlichen Ideen kam etwas klar zum Vorschein: Alle Visionen schlossen Autos aus. Das nahe Parkhaus scheint eine mehr als taugliche Lösung. Das fag blickt auf einen kreativen Abend zurück, der hoffentlich die Zukunft beflügelt.

Helen Käser


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