Jugendraum, Sportanlagen und Hundetaxen waren Diskussionsthemen an der Stadtratssitzung

  26.05.2021 Aktuell, Foto, Burgdorf, Gesellschaft, Politik

Stadtratspräsidentin Karin Fankhauser (FDP) begrüsste 39 Stadträte und -rätinnen (SR) zur dritten Sitzung der neuen Legislatur. Gleichzeitig gab sie bekannt, dass Daniel Beck (SVP) verstorben sei. Esther Liechti-Lanz (EVP) erinnerte sich mit ehrenden Worten des SR-Kollegen und entzündete eine Kerze, die während der ganzen Sitzung in Erinnerung an ihn brannte.

Keine Solätte am 28. Juni 2021 – und doch ein spezieller Schulmontag
Gemeinderat (GR) Christoph Grimm (GLP) informierte über die «Nicht-Solätte». Bereits zum zweiten Mal musste das traditionelle Stadtfest abgesagt werden. Doch dieses Mal hätte man mehr Zeit gehabt, sich darauf vorzubereiten. Für die Schulleitungen ist klar, dass dieser traditionelle Schulmontag kein gewöhnlicher sein werde: Eine Ansprache durch eine bekannte Persönlichkeit und T-Shirts für die 9.-Klässler sind in Planung. Der Solättetaler wird für die Jahre 2020/2021 durch eine Sondermünze ersetzt. Informationen über andere Aktivitäten folgen später. «Es gibt nicht Nichts», tröstete Grimm.

Ausschreibung des Sozialpreises 2021
GR Charlotte Gübeli (BDP) freut sich auf die Vergabe des Sozialpreises am 28. Oktober 2021. Er ist mit 8000 Franken dotiert. Der Präsident der Sozial
kommission, Manfred Schaffer (SP), ruft die Bevölkerung auf, Organisationen, Vereine oder Institutionen zwischen 7. Juni bis 11. Juli 2021 auf der Website der Stadt Burgdorf zu nominieren (www.burgdorf.ch). Sie müssen sich für Randgruppen, Jugendliche, ältere oder beeinträchtigte Menschen verdient machen.

Digitalstrategie der Stadt Burgdorf
Der Digital-Officer Andreas Rössler erklärte, dass er die klassischen Geschäftsmodelle der öffentlichen Verwaltung in digitale Modelle transferieren werde. Das erfordere Änderungen bei den Prozessen, der Organisation und der Kultur der Verwaltung. Das digitale Geschäftsmodell soll die Kommunikation mit der Bevölkerung erleichtern und auf Marktveränderungen schneller reagieren. Gegenseitige Unterstützung und Zusammenarbeit mit andern Gemeinden und dem Kanton gestalten sich unkomplizierter durch die Vernetzungen.
Konkrete Beispiele zeigen bereits Wirkung. Durch digitale Zählungen der Türöffnungen bei öffentlichen Toiletten können Verantwortliche besser abschätzen, wann eine Reinigung fällig ist. Das Entleeren von Unterflurcontainern erfolgt erst, wenn die digitale Kontrollfunktion das anzeigt. Messungen der Bodentemperaturen erleichtern die Entscheidung, wann Salz gestreut werden muss.

Fast geräuschlos fährt der neue Kehrichtwagen durch die Quartiere
Die Ersatzbeschaffung eines Kehrichtwagens konnte zum offerierten und vom SR bewilligten Kredit erfolgen. Die Anschaffungskosten des Elektrofahrzeugs waren deutlich höher als diejenigen eines Dieselfahrzeugs, doch die Betriebskosten und die Lärmemissionen sind tiefer und die Umweltbelastung durch Kohlenstoff entfällt, da die Localnet AG Strom aus 100 Prozent erneuerbarer Energie liefert. Die Kreditabrechnung mit Ausgaben von rund 620 000 Franken bei Minderausgaben von 47 500 Franken wurde genehmigt. Lediglich die FDP-Mitglieder enthielten sich der Stimme, da sie den Sparwillen bei der Anschaffung dieses Fahrzeugs vermissten.

Anpassung des Datenschutz- und Abstimmungsreglements
Die Datenschutzgesetzgebung des Kantons Bern verlangt eine gemeindeeigene Rechtsgrundlage, welche die Veröffentlichung von Personaldaten mittels automatisierter Informations- und Kommunikationsdienste regelt. Davon sind beispielsweise Stadtratsprotokolle, öffentliche Veranstaltungen oder Akten der Stadt wie Baugesuchsunterlagen, Bilder, Karten und Geo-Informationen betroffen.
Der SR hat den Auftrag der FDP-Fraktion, welcher Anpassungen des Abstimmungsreglements verlangt, angenommen. Parteien, welche bei den letzten Wahlen mindestens einen Sitz im SR erzielten, werden demzufolge von der Unterschriftspflicht für die Wahlvorschläge ausgenommen.

Das Hundereglement bewegte die Gemüter
Durch das kantonale Hundegesetz, welches 2013 in Kraft trat, wurden 2015 diverse Anpassungen des städtischen Reglements getätigt. 2016 übernahm die Einwohner- und Sicherheitsdirektion die Erhebung der Hundetaxe und baute ein digitales Hunderegister auf. Die Gesetzesanpassungen regeln unter anderem die Reduktion der Hundetaxe
für Bezügerinnen und Bezüger von Ergänzungsleistungen oder Sozialhilfe-
beiträgen. Die Stadt Burgdorf ermässigte für diese seit Langem die Hundetaxe. In andern Gemeinden kenne man diese Praxis nicht, erklärte GR Charlotte Gübeli. Peter Hauser schlug im Namen der SP-Fraktion vor, dass der GR die Hundetaxe für diese Gruppe von ungefähr 50 Hundehaltenden auf Gesuch hin erlassen solle. Jürg Grimm (FDP) kritisierte den administrativen Aufwand, der dabei anfalle. Für die EVP zeigte sich Tabea Bossard-Jenni verunsichert, ob der Erlass der Taxe gerechtfertigt sei gegenüber Leuten, die ohne Sozialhilfe- oder Ergänzungsleistungen mit einem Minimaleinkommen lebten.
Bei der Teilrevision des Hundereglements wird weiter die Höhe der Hundetaxe festgelegt und die Kontrollmarke fällt weg, da jeder Hund bis spätes-
tens Ende des dritten Lebensmonats mit einen Mikrochip gekennzeichnet werden muss. Das verlangt die Tierseuchenverordnung des Bundes. Die Teilrevision ohne Passus der SP wurde einstimmig genehmigt

Offenlegung der Interessenbindungen der Gemeinde- und Stadträte und -rätinnen
Vergangenen November gelangte die SP-Fraktion mit dem Auftrag an den GR, die Interessenbindungen der amtierenden Stadt- und Gemeinderäte/-innen auf der Website der Stadt zu publizieren. Bislang wurden einzig diejenigen der Stadtratsmitglieder ersichtlich, jene der amtierenden Gemeinderäte fehlten. Das hat sich bereits geändert. Die Präsidialdirektion hat auch das Verzeichnis der Interessenbindungen für den GR erstellt und wird dies jährlich nachführen. Der Auftrag wurde vom SR überwiesen und konnte sogleich abgeschrieben werden.  

Die Erstellung eines Sportanlagenkonzepts wird nicht infrage gestellt
Die SP-Fraktion beauftragt den GR, zusammen mit der Standortfrage für Hallenbad und Skateranlage mit der Sportkommission, den Sportvereinen und den Sportanlagenbetreibern ein Gemeindesportanlagenkonzept (GESAK) auszuarbeiten. Es soll ein Instrument zur Optimierung und langfristigen Weiterentwicklung der Sportanlagen werden.
GR Christoph Grimm erläuterte die Situation im Detail. Aktuell seien die Standortfragen «Hallenbad und Freizeitpark mit Rollsportanlage» zentral. Darum habe die Baudirektion ein «Nutzungs- und Gestaltungskonzept» für das ganze Gebiet Schützenmatt-Badimatte und angrenzende Terrains erstellt. Dieses und das 2014 erarbeitete Teil-GESAK sollen als Grundlagen dienen. Die Planung soll professionell von einer externen Fachperson angegangen werden. Dabei müsse auch die Region einbezogen werden. Elias Maier (FDP) begrüsste die Bestrebungen, das Teil-GESAK zu aktualisieren, möchte jedoch die Planung der Regionalkonferenz miteinbeziehen. Für Anette Vogt (SP) ist eine möglichst schnelle Realisation wichtig, damit aktive Jugendliche davon profitieren können und nicht erst ihre Kinder. Auch Ulrich von Känel (GLP) wünscht eine baldige Umsetzung unter Berücksichtigung des Jugendantrags. Josef Timoteo Jenni (EVP) ergänzte, dass auch die energetische Situation genau betrachtet werden müsste. Mit der einstimmigen Annahme wurde der GR beauftragt, im Laufe der Legislatur 2021–2024 ein Gesamt- GESAK zu erarbeiten.
Ein Auftrag der BDP-Fraktion betreffend Gleichstellung von schulpflichtigen Kindern in Vereinen bei der Benützung von stadteigenen Schul-, Sport- und anderen Anlagen wurde auf Anraten des GPK-Präsidenten Thomas Gerber (SVP) mit 37 Nein und 2 Enthaltungen klar abgelehnt. Mit dem Auftrag auf Gebührenfreiheit werde das Legalitätsprinzip verletzt. Zudem seien Mängel auf juristischer Ebene festgestellt worden, wie Stadtschreiber Stefan Ghioldi ergänzte. Roger Aebi (BDP) zeigte sich enttäuscht darüber. Die BDP wollte mit ihrem Antrag Familien finanziell entlasten und die Jugendlichen fördern. Er unterstellte dem GR fehlenden Willen für diese Anliegen.  

Bald nur noch ein Oberstufen­zentrum in Burgdorf?
Mit dem überparteilichen Auftrag «nur noch ein Oberstufenzentrum Burgdorf» gelangten die BDP-, EVP- und SP-Fraktionen an den GR. Sie baten diesen, Vor- und Nachteile eines Gesamt-Oberstufenzentrums sowie mögliche Auswirkungen auf die Schulraumsanierung inklusive Kostenfolge aufzuzeigen. Die Idee dazu entstand im Zusammenhang mit dem Nutzungs- und Gestaltungskonzept «Schützenmatt». Weil das Hallenbad einen neuen Standort suche, würden am Standort «Pestalozzischulhaus» Platz für eine «Gesamt-Oberstufe Burgdorf» zur Verfügung stehen.
GR Christoph Grimm erklärte, dass sich der GR vor Jahren bereits mit diesem Thema beschäftigt habe. Damals stand der Standort Gsteighof im Fokus und man habe sich dagegen entschieden, alle Oberstufenschüler/innen an einem Ort zusammen zu unterrichten. Nach dem Standortentscheid Hallenbad haben Verwaltung und Volksschulkommission eine «Kerngruppe Schulraumplanung» gebildet. Diese werde sich unter anderem der Frage nach einem möglichen Oberstufenzentrum Pestalozzi widmen. Annemarie Althaus (SP) sieht, dass der Perimeter Hallenbad räumliche Veränderungen ermögliche. Mit dem Zusammenzug aller Oberstufen würden für alle Schüler/innen die gleichen Massstäbe gelten. Ein Oberstufenzentrum mit Tagesschule schaffe mehr Platz für die unteren Stufen, meinte Carmen Baumeler-Stoll (BDP). Thomas Gerber (SVP) bezeichnete diesen Auftrag als unnötig, weil die SVP Vertrauen in die Verantwortlichen habe. Die Oberstufe sei ein Teil der Gesamtplanung, und darum enthielten sich die Fraktionsmitglieder ihrer Stimme. Der Auftrag wurde mit 8 Enthaltungen und 31 Ja-Stimmen überwiesen.

«Neuer Jugendraum in der ehemaligen Wagnerei»?
Mit der Interpellation «Neuer Jugend-raum in der ehemaligen Wagnerei» richtete die SP-Fraktion zahlreiche Fragen an den GR. Diese stellten sie sich, nachdem diverse Zeitungsberichte über eine vorübergehende Nutzung der ehemaligen Wagnerei bei der Waldeggbrücke als Jugendraum berichteten.
Der GR bedauert, dass trotz Rücksprachen mit der BZ (Berner Zeitung) teilweise missverständliche Abschnitte erschienen seien. Er erklärte, dass die Jugendarbeit gemäss Legislaturplanung 2017–2020 die städtische Liegenschaft am Waldeggweg übernehme. Die Überprüfung anderer Objekte habe ergeben, dass dies die kostengünstigste Variante für einen Jugendtreff sei. Die ehemalige Wagnerei biete Platz für Kreativität und Handwerk und liege in unmittelbarer Nachbarschaft zu Freizeit- und Kulturanlagen und der Oberstufe Pestalozzi. Zudem könne mit der Tagesschule das Projekt «Mittagstisch für Oberstufenschüler/innen» niederschwellig und vorerst ohne weitere Kostenfolgen umgesetzt werden. Die Büros der Fachleute würden im ersten Stock einquartiert. Der Jugendtreff stehe auch für «halb selbstständige Nutzung» zur Verfügung.
Die aktuellen Mieter haben 2015 einen befristeten Mietvertrag unterschrieben, waren also darüber informiert, dass die Stadt die Liegenschaft zu einem späteren Zeitpunkt selbst nutzen würde. Nachdem der GR im August 2020 über die definitive Umnutzung durch die Jugend ab Sommer 2021 entschieden hatte, wurden die Mietenden darüber informiert.
Die Kosten für die Umsetzung beziffern sich auf 55 000 Franken. Dies sei möglich, weil die Jugendlichen selbst Hand anlegen und beispielsweise Malerarbeiten in den Innenräumen übernehmen könnten, was Einsparungen von rund 12 000 Franken ausmache. Aktuell läuft das Baugesuch.
Gabriela Bannwart (SP) betonte die Wichtigkeit eines Jugendraums und erklärte, eine dauerhafte Lösung wäre an der Zeit. Ein fehlender Plan B, falls der Jugendraum nicht realisiert werden könne, sei jedoch inakzeptabel. Den Vorwurf von Elias Maier (FDP) an den GR, sich nicht für die Anliegen der Jugendlichen einzusetzen, liess Chris-toph Grimm nicht auf sich sitzen. Er erklärte, dass auch der GR an einer optimalen Lösung interessiert sei und sich dafür stark mache.
Die Stadtratspräsidentin verabschiedete den Gemeinde- und Stadtrat. Die nächste Stadtratssitzung findet am 21. Juni 2021 statt.

Helen Käser

 


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