Wassermangel in der Landwirtschaft

  28.04.2020 Aktuell, Foto, Wirtschaft, Utzenstorf, Region

Seit Anfang April hat es in unserer Region nicht mehr geregnet. Die Bise hat zusammen mit den überdurchschnittlich hohen Temperaturen die Böden in Feld und Wald ausgetrocknet. Laut einem Bericht in der Bauernzeitung vom 20. April 2020 ist die Situation im Moment noch nicht dramatisch, weil die Austrocknung der obersten Bodenschicht noch zu keinen grösseren Schäden geführt hat. Für die Kulturen und das Graswachstum sei es aber doch notwendig, dass es in den nächsten zwei Wochen Niederschläge gibt.
Im Gespräch mit Hansueli und Margrit Lehmann vom Biohof Lehmann in Utzenstorf sind die Trockenheit und das sommerliche Wetter ein Thema, aber auch das Konsumverhalten der Menschen in der jetzigen Corona-Zeit.
Utzenstorfer Bauernbetriebe sind in der glücklichen Lage, regelmässig bewässern zu können, liegt doch das Gemeindegebiet auf einem unterirdischen Grundwassersee, welcher immer sehr gut gefüllt ist. Die Landwirte lösen jährlich Konzessionen zum Wasserpumpen, sodass sie ihre Felder und Kulturen mit Grundwasser bewässern können. Im Fall von Lehmanns liegt das ganze Land in Betriebsnähe, deshalb kann die Wasserpumpe kostengünstig elektrisch betrieben werden. Bei anderen Betrieben muss die Pumpe im Feld installiert werden. Diese Variante mit Dieselmotor oder Traktor ist aufwendiger. Dadurch, dass die Erde hier teilweise durchlässig oder lehmhaltig ist, sieht man beim Betrachten der Felder, dass die Pflanzen unterschiedlich schnell wachsen.
Der Monat April ist für das Wachstum und somit für die Landwirtschaft ein extrem wichtiger Monat. Die Niederschlagsmengen unterliegen, über längere Zeit beobachtet, keinen grossen Veränderungen. Im Detail betrachtet ist es vor allem auf der Alpennordseite in den letzten 20 Jahren deutlich sonniger geworden. Im Bericht in der Bauernzeitung wird auch auf eine aktuelle ETH-Studie namens «Swiss Soil Mois­ture Experiment» verwiesen. Diese erfasst und vergleicht seit zehn Jahren die Bodenfeuchte in der Schweiz. Dabei zeigt sich, dass der Frühling 2020 der bisher trockenste ist. Auch wenn in nächster Zeit wieder mehr Regen vorausgesagt ist, regt diese Studie zum Nachdenken an. Durch die Trockenheit können die Pflanzen nicht genügend Wasser über ihre Wurzeln aufnehmen, der Ertrag vermindert sich. Anders als in Utzenstorf ist im südwestlichen Teil des Mittellands die Trockenheit ein massives Problem. Landwirte müssen Lösungen finden und sich zum Beispiel zu Bewässerungsgenossenschaften zusammenschliessen. Dort wird das Wasser meist aus grossen Quellen wie Seen oder Flüssen entnommen. Wasserspeicher werden zur Option oder wassersparende Massnahmen wie das Umstellen auf Tröpfchen- anstelle von Sprinklerbewässerung müssen ins Auge gefasst werden.
Durch den milden Winter und den warmen Frühling ist die Vegetation 14 Tage zu früh dran. Wenn nicht wie letztes Jahr der Mai extrem kalt wird, bleibt der Vorsprung bestehen. Dies bringt einerseits Vorteile beim Gemüseanbau, aber auch Schwierigkeiten, denn nun kommt die Corona-Situation ins Spiel. Lehmanns beschäftigen einerseits Saisonarbeiter, können aber auch auf die Mithilfe der Familienmitglieder und weiterer Helfer zählen. Der aktuelle Saisonarbeiter ist seit Januar in der Schweiz und möchte im Mai wieder nach Hause zurückkehren. Diese Rückreise wie auch die Anreise des nächsten Arbeiters sind im Moment nicht möglich.
Seit Anfang März verzeichnet Lehmanns Hofladen einen überdurchschnittlichen Absatz bei Stamm- und Neukunden. Die Leute bleiben zu Hause, verpflegen sich selber, essen mehr Gemüse und entdecken dadurch die regionalen Betriebe. Es ist ein Segen, aber bringt auch viel Arbeit mit sich, die Herausforderung, das Angebot der grossen Nachfrage anzupassen. Die Kunden informieren sich über das Gemüse, saisonal liegt plötzlich im Trend. Aber was ist, wenn es mal keine Kartoffeln mehr hat? Oder wie verarbeitet man Lauch oder Rosenkohl? Diese und auch andere Fragen beantworten Lehmanns gerne im persönlichen Gespräch. Die Bewirtschaftung des Betriebs und der Nachschub für den Laden dürfen dabei nicht ausser Acht gelassen werden. Da kommen die Helfer wieder ins Spiel. Zum Glück konnten Lehmanns zwei junge, motivierte Frauen einstellen, welche voraussichtlich bis Ende Juni im Einsatz sind.
In einer «Nacht-und-Nebel-Aktion» wurden bargeldlose Zahlungsmöglichkeiten eingerichtet. Ein Prozess, welcher eigentlich erst angedacht war. Aber eben, besondere Situationen erfordern besondere Massnahmen.
Derweil wachsen auf einem Feld die Bio-Erdbeeren heran. Auch hier stellt sich die Frage, wie die Ernte und das «Selberpflücken» organisiert werden sollen. Lehmanns sind überzeugt, rechtzeitig eine Lösung zu finden.
Was als Gespräch über die Wasserknappheit begonnen hat, endet bei der Frage: Bleibt das neue Konsumverhalten bestehen? Denken die Leute in einem halben Jahr noch gleich stark an die Bauern und die regionalen Produkte oder stehen beim Weihnachtsessen wieder Tomaten, Erdbeeren und importierte Produkte aus dem Treibhaus auf dem Tisch?

Alexandra Weber


Image Title

1/10


Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote