Totalrevision des Volksschulreglementes geglückt

  26.09.2019 Aktuell, Foto, Wirtschaft, Burgdorf, Politik

Alles in allem geht die Stadtratssitzung vom September rassig über die Bühne: Nach zweieinviertel Stunden entlässt Stadtratspräsidentin Barbara Lüthi-Kohler die 36 Ratsmitglieder in den Feierabend.

Gute Aussichten
Gemeinderätin Beatrice Kuster-Müller (Ressort Finanzen) informiert über einen Gewinn von 445 000 Franken im Gesamthaushalt. «Die Budgetvorgaben 2020 des Gemeinderates konnten alle umgesetzt werden, unter anderem die Berücksichtigung des baulichen Unterhaltes der Liegenschaften im Umfang von 2,2 Millionen Franken. Die Steuern verbleiben unverändert auf einem Ansatz von 1,63 für natürlich Personen und etwas weniger bei den juristischen Personen. Die Liegenschaftssteuer bleibt unverändert bei einem Promille.» Gesamthaft gesehen bewertet Beatrice Kuster diese Entwicklung «als erfreulich» und zeigt sich zufrieden.
Weiter sind Nettoinvestitionen von 6,5 Millionen Franken geplant.

Einstimmig genehmigt
Die nächsten Geschäfte passieren problemlos. Nachdem die Geschäftsprüfungskommission jeweils auf Erläuterungen verzichtet und kaum Erklärungen nötig sind, genehmigt der Rat die Kreditabrechnung für die Sanierung des Parkplatzes Hallenbad im Betrag von knapp 400 000 Franken bei Minderausgaben von gut 70 000 Franken einstimmig. Auch die Kredit­abrechnung für den Neubau der hölzernen Neumattbrücke über die Emme, welche in enger Zusammenarbeit zwischen Burgdorf und Kirchberg als Langsamverkehrsverbindung realisiert worden ist, wird einstimmig mit Mehrausgaben von 79 750 Franken bei Nettoausgaben von knapp 516 000 Franken genehmigt.
Wiederum einstimmig votieren die Ratsmitglieder für die Änderungen im Abfall- und Gebührenreglement der Stadt Burgdorf. Circa 90 Burgdorfer Unternehmen mit mehr als 250 Vollzeitstellen wären nach gültiger Rechtssprechung von der Entsorgung ihrer Abfälle als Siedlungsabfall ausgeschlossen gewesen und hätten selber für deren kostenintensive Entsorgung bemüht sein müssen. Die Anpassung erlaubt nun weiterhin eine ökologisch und ökonomisch unkomplizierte Entsorgung.

Jetzt ist alles klar
Die einzige engagierte Diskussion an der Stadtratssitzung betrifft die Totalrevision 2019 des Reglements über die Volksschule und über schulergänzende Angebote. Dabei sollten primär die Führungsstrukturen und Zuständigkeiten geklärt werden, die in drei Punkten zusammen gefasst sind: Soll die Volksschulkommission (VSK) beibehalten oder abgeschafft werden; soll die VSK eine stadträtliche oder gemeinderätliche Kommission sein; soll das Präsidium der VSK wie bisher vom Stadtrat gewählt werden oder führt das zuständige Gemeinderatsmitglied den Vorsitz von Amtes wegen? Alle Parteien haben dazu Stellung bezogen, am runden Tisch ist engagiert diskutiert und abgewogen worden. Entsprechend haben sämtliche Parteien nicht mit Lob gespart für die grosse Arbeit des Gemeinderates, dem mitgeteilt worden ist, dass die VSK beibehalten werden, eine stadträtliche Kommission bleiben und durch ein vom Stadtrat gewähltes Mitglied präsidiert werden soll.
In der folgenden Diskussion muss Stadtschreiber Roman Schenk diverse juristische Fragen klären und später nochmals wiederholen, kämpfen Votanten von links bis rechts um Begriffsdefinitionen und wird schliesslich davor gewarnt, die gesamte Revision bei eigentlich klaren Bestimmungen aufgrund von Auslegungen zu kippen. Nachdem Art. 6 Absatz 6a mit 35 Ja zu einem Nein eine kleine Änderung erfahren hat und der Schlussantrag um einen Punkt ergänzt worden ist, passiert das Reglement mit 24 Ja zu einem Nein bei elf Enthaltungen.

Korrekt archiviert
Nachdem der Regierungsstatthalter 2016 anlässlich einer ordentlichen Inspektion festgestellt hat, dass die Stadt Burgdorf im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen ordnungsgemäss geführt und verwaltet wird, bleibt doch ein kleiner Mangel bei der Archivierung und dem Umgang mit Archivalien. Daraufhin reicht die GLP im Mai 2017 ein Postulat ein, das am 18. September 2017 an den Gemeinderat überwiesen wird.
Nun zeigt der Gemeinderat auf, wie die gesetzlichen Vorgaben eingehalten und ein zeitgemässes Ordnungssystem erreicht worden sind. Es bleibt noch, die räumlichen Verhältnisse so rasch wie möglich zu optimieren und ein zentrales Langzeitarchiv in der Verwaltungsraumplanung zu realisieren. Der Stadtrat nimmt den Standbericht zur Kenntnis und schreibt das GLP-Postulat als erfüllt ab.
Ein Auftrag von der SP und den Grünen betreffend der Zukunft der Elektromobilität bei Fahrzeugen der Stadt wird mit 34 Ja zu zwei Nein genehmigt.

Geld gescheiter ausgeben
Die GLP beauftragt mit einem Postulat betreffend ein elektronisches Abstimmungssystem für den Stadtrat Burgdorf den Gemeinderat, eine Umstellung des Ratsbetriebes auf elektronisches Abstimmen zu prüfen. Das neue System sollte verhältnismässig, kostengünstig und sicher sein.
Laut Stadtpräsident Stefan Berger wird sich der Gemeinderat mit dem Postulat beschäftigen, gibt aber zu bedenken, dass «dieses Geld wo anders gescheitert eingesetzt werden kann».
In der anschliessenden Diskussion gehen die Meinungen auseinander. Für die EVP genügen Abstimmungen per Hand. Die Ratspräsidentin räumt ein, dass bisweilen ein «Gnuusch» bestünde, aber das sei stets lösbar gewesen. Ein Votant gibt zu bedenken, dass manche Gemeinden mit elektronischer Stimmabgabe sämtliche Abstimmungsergebnisse mit Namen publizieren und fragt: «Wollt ihr das wirklich?» Der Stadtrat stimmt der Annahme des Postulates mit 31 Ja zu fünf Nein zu.

Politische Geisterfahrt
Über die Interpellation der GLP-Fraktion betreffend der Umsetzung der Lohnbegrenzung für das Stadtpräsidium wird nicht diskutiert (siehe ausführlicher Bericht in der Ausgabe vom 11. September 2019). Lediglich GLP-Sprecher Michael Ritter ergreift das Wort und erklärt sich von der Antwort des Gemeinderates als «nicht befriedigt». Er müsse seine Stellungnahme «in nur zwei Minuten darlegen; dabei muss ich ehrlich gesagt mit dem Gemeinderat balgen!» Ritter erläutert ausführlich den «harzigen Weg» über Jahre, während die Interpellation vor sich hin dümpelt.
«Seit dem 1. Januar 2017 ist die gegenwärtige Stadtregierung im Amt. Zu diesem Zeitpunkt war der ursprüngliche Vorstoss vom Stadtrat schon seit Monaten überwiesen.» Am 1. Juli 2019 hat eine Aussprache stattgefunden. Im Februar 2020 soll eine Vorlage in den Stadtrat kommen.
Ritter blickt zurück und erinnert sich, dass der GLP 2016 vorgeworfen worden sei, sie betreibe mit dem Thema Stapi-Lohn Wahlkampf. «Aus rein parteipolitischer Sicht ist es ein Traum, dass es der Gemeinderat sogar noch schafft, das Thema in den nächsten Wahlkampf zu verlegen», rügt Ritter. Immerhin drohe jetzt ein Totalschaden. Wenn die Vorlage im Februar 2020 im Stadtrat durchfällt oder das Referendum ergriffen wird, bietet sich das Thema unweigerlich für den Wahlkampf an.
Die Frage, wie so etwas passieren kann, beantwortet Ritter gleich selber: «Der Gemeinderat will den Vorstoss nicht umsetzen. Das sei der Grund.»
Dann blickt der Sprecher nach vorn: «Ich sage euch zum Schluss, was die Eskalationsstufe sein wird, wenn es so weitergeht: Den Lohn des Stadtpräsidenten schreiben wir einfach per Volks­initiative in die Gemeindeordnung. Das Initiativbegehren können wir von der SVP der Stadt Biel übernehmen.» Und warnt den Gemeinderat, dass in einer der linksten Städte der Schweiz, mit der SVP als Randgruppe, diese Initiative durchgekommen ist. Abschliessend rät er dem Gemeinderat: «Beendet diese politische Geisterfahrt!»

Gerti Binz


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