«Das Strahlen der Kinder vergesse ich nie»

  30.01.2019 Aktuell, Foto, Kultur, Burgdorf, Region

«Liebe Freundinnen und Freunde der besten Musikschule der Welt
In den letzten Wochen wurde ich oft gefragt, mit welchen Gefühlen ich meinem Abschied von der Musikschule Region Burgdorf entgegenblicke.  Eigentlich hätte ich in den vergangenen Monaten ja Zeit genug gehabt, um mir eine einfache Antwort darauf auszudenken. Doch in einem Satz zusammenzufassen, was jetzt, wenige Tage vor dem endgültigen ‹Tschou zäme›, in mir vorgeht, ist mir unmöglich. Dafür ist in und mit dieser Schule in den vergangenen 12 Jahren zu vieles passiert. Und in und mit mir selber auch.
Ich verspüre einerseits ein unglaubliches Glücksgefühl darüber, dass ich diesen Schritt machen darf. Wer in meinem nicht mehr ganz zarten Alter die Gelegenheit erhält, sich beruflich noch einmal nach Lust und Laune einen neuen Spiel-Platz einzurichten, empfindet dafür zunächst einmal eine tiefe Dankbarkeit.
Andererseits macht sich in mir eine seltsame Leere breit. Ich weiss, dass ich mich gleich von etwas trenne, was mir extrem ans Herz gewachsen ist.
Während ich hier sitze und versuche, viele Gedanken in wenige Worte zu fassen, erinnere ich mich an unzählige kleine Aktionen und grosse Events, die wir mit der Schule auf die Beine gestellt haben. Es ist, als ob ich ein gigantisches Fotoalbum in meinem Inneren betrachten würde.
Ein Bild taucht vor meinem geistigen Auge immer und immer wieder auf. Es zeigt ein Kind, das nach einer Musizierstunde aufsteht und strahlt. Der Bub oder das Mädchen weiss in diesem Moment: Ich habe etwas geschafft, worauf ich stolz sein darf. Dieses Strahlen werde ich nie vergessen.
Der Lehrkörper und die Verwaltung der Musikschule Region Burgdorf streuen in unzählige Menschen mit unendlich viel Energie und mit bedingungslosem Einsatz Samen, aus denen die Freude an der Musik wachsen kann. Zu sehen, wie diese Samen wachsen und wie die Leute sich auch dank ihnen entwickeln: das war für mich etwas unbeschreiblich Berührendes.
Grossartig ist das Engagement, mit der die Verantwortlichen aus dem Polit-, Kultur- und Wirtschaftsbereich unsere – ich merke gerade: Ich spreche nach wie vor von ‹unserer› Schule, obwohl ich mein Büro schon so gut wie geräumt habe... – mittragen. Sie haben für uns immer ein offenes Ohr. Manchmal gehen ihre Türen auf, bevor wir daran klopfen. Dieses Wohlwollen ist ebensowenig selbstverständlich wie der Einsatz, den die Musiklehrpersonen und die Mitarbeitenden in der Administration der MRB Tag für Tag unermüdlich leisten.
All jenen, die dazu beigetragen haben und auch unter meinem Nachfolger Christoph Schnyder dazu beitragen werden, dass die Musikschule Region Burgdorf auf ihrem Höhenflug immer wieder neue Ziele ansteuern kann, obwohl der Kultur bisweilen starke Winde entgegenblasen, danke ich an dieser Stelle ganz herzlich. In der ganzen Zeit, in der ich in Burgdorf wirkte, hatten wir kein einziges ‹Gstürm› miteinander. Es war sehr einfach, hier Chef zu sein.
Als wir letztes Jahr den Altstadtpreis der Stadt Burgdorf erhielten, hiess es in der Laudatio: ‹Wir zeichnen heute jemanden – oder etwas – aus, den oder das bisher noch niemand je zu Gesicht bekommen hat: Den Geist, den die Musikschule Region Burgdorf bis weit über die Gassen der Altstadt hinaus verströmt. Diesen Geist fühlt, wer an den Fenstern des altehrwürdigen Hauses an der Bernstrasse 2 vorbeigeht. Und auf einmal hört, wie Klavierläufe perlen, Flötenklänge schmeicheln oder ein Schlagzeug kesselt. Wer diese Klänge erzeugt, ist nicht zu sehen. Es ist aber von Weitem hörbar, mit wie viel Freude, Engagement und gesundem Ehrgeiz die Menschen an ihren Instrumenten ihrem Hobby nachgehen.›
Später treten diese Leute ins Freie. Einige werden von ihren Eltern abgeholt, viele schlendern durch die Schmiedengasse davon, manche setzen sich auf den Roller oder ins Auto, um nach ihrem kurzen Abstecher in das wunderschöne Land der Melodien und Harmonien zurück in die Wirklichkeit zu fahren. Ihnen allen gemeinsam ist: Sie wirken mit sich und der Welt zufrieden und glücklich. Wer ‹Zwänzg­abachtigesichter› sucht, findet sie auf jeder ‹normalen› Schule. Aber kaum je in und vor der Musikschule Region Burgdorf.
Ich glaube, ihn werde ich am meisten vermissen: diesen Geist. Er füllt den Rucksack, den unsere Schülerinnen und Schüler tragen, mit Erlebnissen, Erfahrungen und Erkenntnissen, die in ihrem Leben noch eine grosse Rolle spielen werden.»

Hannes Hofstetter (nach den Gedanken von Armin Bachmann)

 

 

Kulturtäter mit Posaune
Armin Bachmann übernahm die Leitung der Musikschule Region Burgdorf im April 2007. Am 31. Januar 2019 gibt der 58-Jährige dieses Amt auf eigenen Wunsch an Christoph Schnyder ab. «Ich bin sehr glücklich darüber, meine Segel neu auszurichten», sagt Bachmann, der sich selber als «Weltreisenden in Sachen Musik» bezeichnet. Als «Kulturtäter» werde er sich nun fast ausschliesslich der Posaune widmen. Das Konzertieren sei «eine wunderbare Sache». Er freue sich darauf, dies in Zukunft «mit mehr Musse» tun zu dürfen. Und wieder zu anderen Zeiten üben zu können als zwischen 23.00 und 2.00 Uhr. Wer Bachmann auf seinem Weg virtuell begleiten will, kann das über seine Website www.arminbachmann.ch jederzeit tun.


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