Kommt nun die Gemeinde Brandis?

  30.01.2013 Aktuell, Hasle bei Burgdorf

 

«Gemeinde Brandis: Vision oder Utopie», so das Thema einer durch den Verein Hasle plus organisierten und von mehr als hundert Personen besuchten Veranstaltung in den Räumen der Blaser Swisslube in Rüegsauschachen. «Wir finden es wichtig, dieses Thema anzugehen und über die eigenen Gemeindegrenzen zu blicken. Dieser Anlass soll deshalb der Start für eine neue zukünftige Gemeinde Brandis sein», stellte Hasle-plus-Präsident Adolf von Atzigen einleitend fest. Nun, so von ungefähr ist es wohl zu dem vom veranstaltenden Verein vorgeschlagenen Namen Brandis nicht gekommen. Es gibt jedoch nicht bloss zwei politische Parteien mit dem Namen Brandis, wie der Präsident erwähnte, sondern auch Vereine, so zum Beispiel der in der höchsten Amateurklasse spielende und weit herum bekannte EHC Brandis.

 

30 bis 50 Gemeinden im Kanton sind genug

Hauptreferent Ernst Zürcher, ehemaliger Vorsteher des Amtes für Gemeinden und Raumordnung (AGR), erklärte, dass er die meisten bisherigen Fusionsprojekte begleitet habe. Aktuell gibt es im Kanton Bern noch 379 Gemeinden, von denen die Hälfte weniger als 1000 und die kleinste unter 50 Einwohner zählt. Zu viel für den ehemaligen Chefbeamten, für den 30 bis 50 Gemeinden im Kanton die richtige Zahl wären. Auf einer, allerdings nicht allzu deutlichen, Landkarte zeigte er auf, wie er sich den Kanton mit bloss noch 39 Gemeinden vorstellen könnte. Politisches Ziel sei vorderhand eine Reduktion auf 300 Gemeinden im Kanton. Ein Thema, das eigentlich alle beschäftigen sollte, denn das Umfeld und speziell das Verhältnis der Bürgerinnen und Bürger zum Staat habe sich verändert. Dazu komme, dass es immer schwieriger werde, geeignete Leute für die verschiedenen Ämter zu finden, und viele Gemeinden an ihre Leistungsgrenzen stiessen.

Anhand des Beispiels einer möglichen Gemeinde Zulgtal, für die ein Fusions-projekt für zehn Gemeinden im Raum Oberlangenegg / Eriz diskutiert wurde, zeigte der Referent auf, was für Vorteile und was für Nachteile durch einen Zusammenschluss entstehen können. Vorteile wären laut seinen Berechnungen der tiefere Steuersatz, die «Professionalisierung», die Verwaltung für alle Bereiche an einem Ort und die Reduktion der Behördenmitglieder von 282 auf neu 49. Von Nachteil dagegen wären unter anderem der Verlust an Bürgernähe, Verlust von Einfluss und längere Wege. Nachdem im Jahr 2011 ein Grossteil der Bevölkerung im Zulgtal dem Fusionsprojekt eine Absage erteilt hat, wird das dort in der nächsten Zeit kaum mehr ein Thema sein. Letzteres erwähnte jedoch der Referent nicht.

 

Finanzielle Anreize des Kantons für Gemeindefusionen

Freiwillige Fusionsprojekte werden durch den Kanton finanziell gefördert.So gibt es einen Fusionsabklärungszuschuss von 70 000 bis 120 000 Franken und bei der Umsetzung eine Finanzhilfe pro Kopf von 400 Franken, jedoch begrenzt auf maximal 1000 Einwohner pro beteiligte Gemeinde. Für eine zukünftige Gemeinde Brandis sind das also etwa 1,2 Mio. Franken.

Der ehemalige AGR-Chef Ernst Zürcher schloss nicht aus, dass angesichts der maroden Kantonsfinanzen Kompetenzen, welche in den letzten Jahren der Kanton an sich gerissen hat, wieder an fusionierte Gemeinden zurückdelegiert werden könnten. So erhielten diese wieder Einfluss und vermehrte Entscheidungsmöglichkeiten. Er liess jedoch offen, wie sich das für die Gemeinden finanziell auswirken könnte.

 

Gemeindepräsidenten äussern sich noch zurückhaltend

An einem kurzen Podiumsgespräch unter der Leitung von Hasle-plus-Vorstandsmitglied Andreas Zurflüh nahmen die drei Gemeindepräsidenten von Lützelflüh, Hasle und Rüegsau Stellung zur Frage einer zukünftigen Gemeinde Brandis.

Alle drei waren jedoch vorsichtigund betonten ausdrücklich, dass dies bloss ihre persönliche Meinung sei und nicht etwa die des Gesamtgemeinderates oder sogar der Bürgerinnen und Bürger. Alle rühmten die bisherige gute Zusammenarbeit, sei es im Schulwesen, in der Feuerwehr oder in vielen anderen Bereichen, äusserten sich jedoch noch etwas vorsichtig zur Fusionsidee.

Für Beat Iseli, Gemeindepräsident von Lützelflüh, ist es Aufgabe eines Gemeinderates, in die Zukunft zu blicken, und der den Auftrag hat, Stärke zu zeigen. Eine Gemeinde Brandis mit etwa 10 500 Einwohnern könnte im mittleren Emmental ein gutes Gegengewicht zu den beiden grossen Zentren Burgdorf und Langnau bilden.

Keine Utopie, sondern eine Vision ist die Gemeinde Brandis für den Gemeindepräsidenten von Hasle b.B., Walter Scheidegger. «Ich habe das Gefühl, dass es einmal so weit kommen wird. Ich gehe aber davon aus, dass wir jetzt in kleinen Schritten vorwärtsgehen, so wie wir gegenwärtig eine Zusammenarbeit mit den Schulen beschlossen haben», antwortete er auf eine ent-sprechende Frage.

Der Rüegsauer Gemeindepräsident Fritz Rüfenacht sieht eine Gemeinde Brandis vorerst eher als Utopie, schliesst jedoch die Vision nicht aus. Man sei sich doch schon nähergekommen, so zum Beispiel beim Oberstufenzentrum. Wichtig sei, dass die Behörden am gleichen Strick zögen und schliesslich das Volk davon überzeugen könnten. «Wir haben vor zehn Jahren darüber diskutiert, Hasle und Rüegsau zu fusionieren, dem könnte ich heute nicht mehr zustimmen, denn Lützelflüh gehört einfach dazu», hielt der Rüegsauer Gemeindepräsident fest.

Unter der Leitung von Hasle plus ist nun vorgesehen, dass ein «Unabhängiges Komitee Brandis» das Thema Gemeinde Brandis aufnimmt und sich damit auseinandersetzt und konkrete Vorschläge erarbeitet. Interessenten für eine Mitarbeit können sich bei Andreas Zurflüh melden.

 

Ernst Marti


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