Das Winterbier, das die Burgdorfer Gasthausbrauerei meistens im späten Herbst vorzustellen pflegt, ist jeweils immer nach einem neuen Rezept gebraut, trägt einen anderen Namen und erzählt eine eigene Geschichte. Im Vergleich dazu ist das Bier für die Frühlings- und Sommermonate, das Weizenbier, immer nach der gleichen, unveränderten Rezeptur hergestellt.
Das Weizenbier ist also eine Konstante. Eine Konstante ist es aber auch im Leben von vielen Bierfreundinnen und Bierfreunden aus Burgdorf und Umgebung; wo andernorts Husarenritte um brennende Scheiterhaufen oder absichtlich gesetzte Misstöne von Blaskapellen das Ende der dunklen und kalten Jahreszeit ankünden, ist es in Burgdorf der zur Tradition gewordene Anstich des ersten Fasses Weizenbier. Mit ihm ist für die besagten Bierfreunde die Saison der fröhlichen Stunden im Biergarten und des Genusses des wohl erfrischendsten Kaltgetränkes seit Erfindung des Quellwassers überhaupt erst eingeläutet.

Hammerschläge rufen den Frühling herbei
Vor diesem Hintergrund durfte es nicht erstaunen, dass sich am vergangenen Freitag – bezeichnenderweise bei prächtigem Sonnenschein – weit über hundert Personen auf der Terrasse des Restaurants Schützenhaus in Burgdorf einfanden, um sich nach langer Durststrecke endlich wieder ein Weizen zu genehmigen. Braumeister Oliver Honsel, bei anderen Gelegenheiten ein wortgewandter Redner, wusste wohl um die Ungeduld seiner Gäste und hielt sich in seiner Ansprache deshalb äusserst kurz. Etwas anderes, als dass er und die Brauerei sich ausserordentlich freuten, den Klassiker wieder in seiner reinen und geschätzten Form vorzulegen, wisse er ohnehin nicht zu berichten, gab er sichtlich gut gelaunt zum Besten.
Festlich in eine zünftige Lederhose gewandet, schritt der Braumeister danach zum symbolischen Akt des Anstiches, den er mittels weniger gezielter Hammerschläge präzise verrichtete. Ein Anwesender in der Nähe des Berichterstatters kalauerte dazu, dass die Wetterfrösche im Emmental aus der Anzahl dieser Schläge dereinst wohl sogar das Heuwetter voraussagen könnten.

Wohlbefinden am Anstich
Unmittelbar danach stellten sich die Anwesenden geduldig in die Warteschlange, um sich mit lange nicht verspürtem Genussempfinden ans Verkos­ten der drei Fässer Freibier zu machen. Gegen den Hunger gab es einen passenden kleinen Imbiss, den das «Schützenhaus» offerierte. An den nachfolgend beobachteten zahlreichen Zusammentreffen alter Kameraden fiel insbesondere eines auf: Die übliche Frage: «Wie geht es dir?», wurde ausnahmslos beantwortet mit: «An einem Tag wie diesem immer gut.»
Das Burgdorfer Weizenbier ist seit gestern Montag an den üblichen Verkaufsstellen im Handel. Eine Liste dieser Unternehmen ersieht sich unter www.burgdorferbier.ch. Stefan Herrmann