Mit Herzblut sein Lebenswerk vorantreiben

| Mi, 29. Okt. 2014

ERSIGEN: Im Landgasthof Bären in Ersigen referierte Herzchirurg Prof. Dr. Thierry Carrel über seine Tätigkeit in der Herzchirurgie. Gleichzeitig durfte er von Kiwanis-Präsident Kurt Frei einen Check für die Stiftung Corelina entgegennehmen. red

Der im August 2005 als Division neun gegründete Kiwanis-Club Kirchberg-Emme unter der Leitung von Kurt Frei umfasse 11 Frauen und 17 Männer. Der Service-Club zählt in der Schweiz knapp 7000 Mitglieder in 200 lokalen Vereinigungen und handelt nach dem gemeinsamen Motto «Serving the children of the World» (rettet die Kinder der Welt).

5000 Franken für Corelina
Kiwanis-Präsident Frei bittet die zahlreich erschienenen Kiwaner samt Begleitung sowie weitere Gäste nach dem Apéro ins Vortragszimmer des Landgasthofs Bären in Ersigen, wo er Thierry Carrel einen Check für «Corelina, die Stiftung für das Kinderherz» übergibt. Die Mitglieder von Kiwanis Kirchberg-Emme haben diesen Betrag dank des Charity-Anlasses «Lachen für einen guten Zweck» erwirtschaftet. Sichtlich begeistert wird die Anwesenheit von Carrels Gattin Sabine Dahinden zur Kenntnis genommen.

Carrel erläutert im anschliessenden Vortrag, dass fast jedes hundertste Kind mit einem angeborenen Herzfehler auf die Welt kommt. Während in der Schweiz dank moderner Kinderkardiologie und Kinderherzchirurgie die Kleinkinder gute Überlebenschancen haben und sich meist normal entwickeln, sieht es in Entwicklungsländern bisweilen sehr schlecht und auch in Ländern der Zweiten Welt weniger gut aus. Anhand von Operationseinsätzen mit Lichtbildern ausserhalb der Schweiz dokumentiert Carrel, in welchen Erdteilen und unter welchen Bedingungen er und sein Team weltweit tätig geworden sind und heute noch im Einsatz stehen. Bisweilen vergisst man bei der in der Schweiz möglichen guten medizinischen Versorgung, dass weltweit viele Menschen keinen Zugang zu rechtzeitiger Hilfe haben oder die dafür nötigen Kosten nicht bezahlen können.

Umfassende Versorgung
«Corelina, die Stiftung für das Kinderherz» fördert – gut verständlich dank den Ausführungen von Carrel – die medizinische Behandlung und Betreuung von herzkranken Kindern aus der Schweiz und dem Ausland. Die Stiftung kann Angehörigen von betroffenen Kindern Unterstützung jeglicher Art bis hin zur Finanzhilfe gewähren. Gerade bei kleinen Patien­ten sind Vorbereitung und Nachbetreuung bei einem Eingriff am Herzen ausserordentlich wichtig. Wenn also ein Kind in die Schweiz eingeflogen wird, erfolgt eine Vorbereitungs- und Eingewöhnungszeit mit eventuell nötigen Impfungen, Zahnbehandlung, entsprechender Ernährung, Kennenlernen des Umfeldes, dann die Operation und eine Zeit von mehreren Wochen in einem dem Kinderhilfswerk Terres des Hommes gehörenden Haus im Wallis nahe dem Dorf Massongtex, wo diese kleinen Patienten auch nachversorgt und auf ihre Rückkehr in die Heimat vorbereitet werden.

Laut Carrel werden im Inselspital jährlich zirka 50 lebensrettende Herzope­ra­tionen an eingeflogenen Kindern durchgeführt, die mehrheitlich aus Afrika, dem Irak, Afghanistan und weiteren Ländern des Ostens kommen. Die Auswahl dieser Kinder erfolgt dank der engen Zusammenarbeit mit Terres des Hommes in den jeweiligen Ländern und mit den Kenntnissen der Mitarbeiter vor Ort.

Weltweit tätig
Carrel und sein Team besuchen nach mehrjähriger Aufbauarbeit in der russischen Millionenstadt Perm, zirka 1150 km Luftlinie nordöstlich von Moskau im Uralvorland am Fluss Kama gelegen, und nach zahlreichen Herzoperationen diese Stadt weiterhin in der Absicht, hier die Herzoperationen möglichst bald einheimischen Spezialisten zu übergeben. Immerhin warten hier rund 30 000 Herzpatienten auf Hilfe. Für 2015 ist ein weiteres Projekt für Herzoperationen in Da Nang (Vietnam) geplant.Im Bereich Kinderherzmedizin unterstützt die Stiftung Corelina Forschungsprojekte sowie Hilfsprojekte weltweit. Carrel kommt kurz auf die neue Zusammenarbeit mit der Organisation «Miss Schweiz Wahl» zu sprechen, wovon er sich grössere Beachtung der Stiftungsziele und zusätzliche Spenden erhofft. Später verrät Carrel im kleinen Kreis, dass er «Burgdorf sehr gut aus einer dreimonatigen Tätigkeit im Jahr 1982 am Spital Burgdorf kennt». Die Namen Prof. Dr. Hans Stirnemann und die Ärzte Franz Engeloch und Peter Aebersold sind ihm durchaus geläufig. Auch sonst weiss er noch einiges aus seiner Zeit im Emmental zu berichten.

Sechs Stunden mehr pro Tag
Carrel erläutert ausführlich die an-spruchsvollen Tätigkeiten seines Teams im Inselspital Bern, das im Verbund mit einem weiteren Spital in Bern schweizweit mit knapp 6000 pro Jahr die meisten Herzoperationen aller inländischen Spitäler ausführt. Zusammen mit den oben erwähnten 50 gesponserten Herzoperationen an ausländischen Kindern führen die Herzchirurgen wesentlich mehr als 200 Operationen an Kindern durch und festigen den Ruf des Inselspitals als Spezialist für Kinderherzoperatio­nen. «Pro Woche stehen im Inselspital rund 250 Konsultationen mit Kindern und 200 mit Erwachsenen auf dem Terminplan. 20 bis 30 Herzoperationen fallen an. Dazu kommen vier bis sechs Vor-lesungen und Besprechungen zukünftiger Projekte», führt Carrel aus. «Wenn es nach mir ginge, dürfte ein Tag ruhig sechs Stunden mehr haben, damit ich arbeitsmässig besser durchkäme.»

Das glaubt ihm sein Publikum aufs Wort, nachdem er in seinem Vortrag den Bogen von der ersten Herzoperation (Christiaan Barnard am 3.12.1967 in Südafrika) über die Fortschritte im Gesundheitswesen und nicht mehr ferne Technologien der Zukunft – die 2014 allerdings noch utopisch anmuten – geschlagen hat. Beim gemeinsamen Nachtessen bleibt viel Zeit für angeregte Diskussionen rund ums Herz.

Gerti Binz

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